Bau- Lager der Firma Beton und
Monierbau Friedrichshafen
und späteren KZ Ausweichlager Raderach
„Observatorium Raderach „zwischen Mai 1942 bis
Herbst 1944
Bild oben: Bau Lager bei Oberraderach 1942, das KZ Lager
entstand aus den Resten dieses Lagers.
Bild
unten: Luftbild des KZ Lagers
Für die Abnahme fertig
gestellter V2 Raketen aus der Fertigung des Luftschiffbau Zeppelin
wurde bei Raderach (heute ein Ortsteil von
Friedrichshafen), ein Prüf- Werk mit drei Raketen-
Testständen und einem Sauerstoff Werk errichtet.
Bauherr des Werkes war die „Amtsgruppe
für Industrielle Rüstung“ ,
„Munitionsabteilung 3“, des Heereswaffen Amt ( Wa J Rü (Mun
3)).
Als Generalauftragnehmer für den schlüsselfertigen
Bau des Werkes wurde die Firma
Beton und Monierbau AG Berlin beauftragt. Die Firma
Beton und Monierbau AG
dessen „Abteilung Stettin“, bereits die Prüfstände
in Peenemünde errichtet hatten,
gründeten hierzu vor Ort 1942 eine Niederlassung:
die „Beton und Monierbau
Friedrichshafen“. (BAMA Rh8 1959, FE 728F, Arolsen Archiv)
Anfang Mai 1942 wurde zunächst mit 200 Zivielrussen, 80 Stammarbeiter, dem
Kaufmännischen und dem Technischen Personal, mit
den Arbeiten bei Raderach begonnen.
Während der Bauzeit wuchs die Anzahl der Arbeiter
durch Rekrutierungen über die umliegenden
Arbeitsämter auf mindestens 420 Fremdarbeiter,
überwiegend aus den besetzten Ost- Gebieten,
aber auch aus den Niederlanden, Frankreich usw.,
an. Im Baustands Bericht vom 25.9.1942 wird
unter Punkt 27. das Barackenlager als fertig
genannt. *(BMAM-RH8/1959)
Am 21.11.1943 wurden 417 dieser Fremdarbeiter, die
durch die Gestapo Friedrichshafen zwischen dem 17.11 und
19.11.1942 in Schutzhaft genommen wurden, über das
KZ Arbeitskommando Friedrichshafen (Außenstelle des KZ
Dachau), in das KZ Buchenwald und von dort aus in
des KZ Dora überstellt.
Der eigentliche Schutzhaft Befehl (RSHA IV E-37145
g) des Reichssicherheitshauptamt, wurde aber erst am
25.11.1942 per Fernschreiben von SS-Gruppenführer
Müller an das KZ Buchenwald übermittelt.
Zwei der Zwangsarbeiter flüchteten aus dem
Arbeitslager bei Raderach, wurden aber dann in Ravensburg und Wangen
verhaftet und dem KZ Arbeitskommando
Friedrichshafen zugeführt.
Einer der zwangsverpflichteten Arbeiter, Aleksander
Mirkulow, geboren am 7.9.1909 in Luboch
Russland,
arbeitete ab dem 7.10.1942 auf der Baustelle der
Heeres- Abnahmestelle Raderach, erkrankte aber an den widrigen
Arbeitsbedingungen und verstarb am 9.2.1943 im
Karl-Olga-Krankenhaus in Friedrichshafen an Lungentuberkulose.
Seine sterblichen Überreste wurden nach dem Krieg
auf dem sowjetischen Ehrenfeld des Städtischen Friedhof,
Grab Nr. 1109 in Friedrichshafen beigesetzt.
Von den 417 Verhafteten Arbeitern wurde nur einer
aus Konstanz am Bodensee stammender deutscher aus der Haft
im KZ Buchenwald entlassen. Rund 1/3 der
Fremdarbeiter kamen überwiegend im KZ-Mittelbau Dora zu Tode!
Karteikarte der Krankenversicherung / Sterbeurkunde
Quelle: 2.2.2 Aleksander Mirkulow 73779101 / 76815453 / 70831413
IST Digital Archiv Arolsen Archiv (zum
Vergrößern Bild anklicken!)
Die Baracken wurden unterhalb Ober- Raderach auf
einer recht feuchten Wiese gebaut.
Anhand verschiedener Fotos dieses Lagers kann man
keine besonderen Sicherungs-
Maßnahmen erkennen, auch sind vereinzelt
Wehrmachtangehörige als Bewohner des Lagers zu sehen. (14)
Auf einigen Fotos die Während der Bauzeit
entstanden sind Arbeiter zu erkennen bei denen es sich
vermutlich überwiegend um Zwangsarbeiter handelte.
Das Bau Lager hinterließ nach der Demontage
deutliche Spuren die man auf Luftbilder von 1944 und 1945
erkennen kann. An der Westlichen Seite des
Baulagers wurde in einem abgetrennten Bereich
eine nur kurzfristig bestehende Baracke errichtet
die sich Farblich von den Baracken des Bau Lager unterschied.
Auch hier besteht die Möglichkeit das es sich um
eine Unterkunft für Kriegsgefangene- Zwangsarbeiter handelt.
Aus dieser Zeit sind leider erst drei Name von
Zwangsarbeiter
Veröffentlicht worden, es handelt sich dabei um
einen Niederländer der als Zimmermann am Bau eines
Kühlwasserturms bei Ober- Raderach beteiligt war,
einem vermutlichen deutschen und A.S. aus Polen. (15, 17)
A.S.
wurde in Polen geboren. Er folgte in seiner Heimat einer öffentlichen
Aufforderung, sich als Erntehelfer
nach
Deutschland zu melden Über eine Sammelstelle in Krakau gelangte er nach Ravensburg.
Über das
Arbeitsamt
Ravensburg wurde A.S. an einen Landwirt aus Bergatreute
vermittelt. Nach ca. 2 Monate wurde
er von
seiner Arbeit bei dem Landwirt abgezogen und kam nach Raderach. A.S musste mit
einem Teil des
Baukommandos,
Schalungs- und Betonierarbeiten an den Prüfständen und dem Sauerstoffwerk
durchführen.
Auch
wenn sie sich auf dem Areal der Abnahmestelle frei bewegen konnten, waren die
Arbeitsbedingungen
und die
Zustände in den Unterkünften äußerst schlecht. Eine der schlimmsten Arbeiten seien
die Auf- und
Abbauarbeiten,
einschließlich der Reinigung der Stahlrohre für die Betonpumpe gewesen.
Die
Zwangsverpflichteten Arbeiter waren in Zivil. Beim Verlassen des Lagers bekamen
die Zwangsverpflichteten
Arbeiter
eine Erkennungsmarke die sie bei der Rückkehr in das Lager wieder abgeben
mussten.
Auf
diese Weise wurde die Vollständige Rückkehr der Arbeiter überprüft. Es gab
verschiedentlich Fluchtversuche,
die
wohl nur einem amerikanischen Kriegsgefangenen gelungen sei. Er kam auf
jedenfalls nicht zurück in das Lager.
Die
Leute wurden unterschiedlich je nach Nationalität untergebracht und auch
behandelt. Die Baracken waren voll
Wanzen und Läuse, schlafen musste man
auf Stroh gefüllte Matratzen. A.S. hat
das Lager oder die Baustelle
nie
verlassen, mit einer Ausnahme. Einmal sammelte er einige Birnen ein, worauf er
vom Wachpersonal brutal
zusammengeschlagen
wurde. (*21)
Karteikarte der Krankenversicherung (zum Vergrößern Bild anklicken!)
Quelle: 2.2.2 Samila
Aleksander 74649870 / IST
Digital Archiv Arolsen Archiv
Effekten-Verzeichnis / Häftlings-Personal-Karte /
Karteikarte KZ Dora (zum Vergrößern Bild anklicken!)
1.1.5 Samila
Aleksander 7000215 / 7000219 / 7000213 / IST Digital Archiv Arolsen
Archiv
A.S. blieb nach dem Krieg in Deutschland und lebt
zurzeit (2011) in Norddeutschland. (17)
Bild 1: Prüfstands Fundament mit Gerüst und
Betonleitung wie A.S es beschrieben hat.
Bild 2: Zwangsarbeiter bei Betonierarbeiten Im
Prüfstands Fundament
Bild 3: Zwangsarbeiter
Überstellungsliste von 417 in
Friedrichshafen verhafteter
Zwangsarbeiter, in das KZ Buchenwald.
Vom 21.11.1943
(zum Vergrößern Bild anklicken!)
Quelle: Listenmaterial Buchenwald 1.1.5.1 / 5286009
bis 5286015 IST Digital Archiv Arolsen Archiv
KZ Ausweichlager Friedrichshafen
-Raderach
Was nun zwischen dem Ende der Bauarbeiten bei
Raderach und dem 28.4.1944 mit dem Bau Lager der
Fa. Beton und Monierbau alles geschah ist nicht
bekannt.
Durch verschiedene Dokumente und Fotos ist hier
wiederum sicher zu belegen, dass in diesem nicht
dokumentierten Zeitraum, neben dem ersten
Barackenlager ein zweites entstand das aus 3 großen Blöcken
und 3 kleine Baracken? bestand. Der große
Unterschied zu dem ersten Lager ist der Wassergraben, der auf
den Luftbildern deutlich zu erkennen ist. Dieses
Lager wurde mitten in den Ausläufer eines Niedermoores
gebaut. (20) Den Beschreibungen Wilhelm Müller zu
Folge müsste es sich bei diesem Lager um jenes handeln,
das (rechnerisch ermittelt) 538
Häftlinge ca. 4 Tage nach der vollständigen Zerstörung des KZ Lagers aus
Friedrichshafen am 28.4.1944 durch einen
Bombenangriff, aufnahm. 335 Weitere Häftlinge wurden noch am
28.4.1944 nach Saulgau in das Außenlager des
Arbeitskommando Friedrichshafen überstellt, in dem sich zu
diesem Zeitpunkt bereits ca. 400 (
rechnerisch ermittelt ohne Abgänge durch Tod berücksichtigt zu haben,
408)
befunden haben. Von diesen wurden im Zeitraum vom
15.5.1944 bis 24.9.1944, in 5 Transporte 189 zurück
nach Oberraderach
gebracht und in einem Transport 18 Häftlinge in das KZ Mauthausen. Von einem
Teil der
146 in Saulgau zurück gebliebenen Häftlingen aus
Friedrichshafen wurde mit einem Teil der Saulgauer Häftlinge
am 27.2.1945 ein Transport von 150 Häftlingen
zusammen gestellt die nach Überlingen gebracht wurden,
diese aber dann am 8.4.1945 in einem erneuten
Transport mit Überlinger Häftlinge in einem Transport von 254
Häftlingen in das Stamm KZ Dachau überstellt
wurden.
Außer diesen Baracken bei Oberraderach
gab es zu diesem Zeitpunkt noch 12 gemauerte Unterkunftsgebäude
für das Personal der Abnahmestelle Raderach das
sich aus bis zu ca. 276 VKN (Versuchskommando Nord,
Abteilung Süd) Mitarbeiter zusammen
setzte. Allerdings war der
Betrieb der Abnahmestelle Raderach seit 24.1.1944
Eingestellt. Es dürften daher nur noch das Personal
des Sauerstoff Werkes, ein Teil der Wachmannschaft und
Einige wenige weitere Arbeiter im Werk anwesend
gewesen sein.
Anfang 1945
stand nur noch ein Block im eigentlichen KZ-Lager. (18)
Wenn man die
bisherigen Kenntnisse zusammenfasst, hat unterhalb Raderach seit Mitte 1942
ein Barackenlager bestanden,
dass sich im
Zeitraum von ca. 2 Jahren auf 11 große Blöcke und 7 kleinere Gebäude ausdehnte.
Nicht alle
Baracken dürften als Unterkünfte genutzt worden sein, nach Aussage von
Alexander Samila waren es
4 Baracken
für Fremdarbeiter. In den anderen Baracken dürfte das Wach- und das Technische
Personal untergebracht
gewesen sein
und sich die Planungsbüros der Fa. Beton und Monierbau, der Abteilung Wa Prüf 11
und Wa J Rü ( Mun 3 )
befunden
haben.
Link zum Mahnmal „Gegen das Vergessen“
von Waltraud Späth
Auf der Efrizweiler Seite, am ehemaligen Eingang zum V2/A4-Gelände
(Heeresabnahmestelle Raderach)
in der
Verlängerung des Fürstenbergwegs befindet sich ein Mahnmal gegen das Vergessen,
das den KZ-Häftlingen und Zwangsarbeiter
gewidmet ist
die in Friedrichshafen und in Raderach für die V2 Raketen Fertigung
Zwangsarbeit leisten mussten.
Von den
insgesamt rund 1780 erfassten Zwangsarbeiter die in Friedrichshafen, Raderach
und Saulgau direkt oder indirekt für die Fertigung
Der V2 Rakete
eingesetzt wurden, überlebten nachweisbar etwa 250 durch Misshandlung, Mord und
direkte Kriegseinwirkung den zweiten Weltkrieg
Nicht!
https://regio-kunstwege.eu/kunstwerk/gegen-das-vergessen-von-waltraud-spaeth-kunstweg-kluftern
Quellen:
* (12 / 14) Bundesarchiv-Militärarchiv
Freiburg RH8/I 1762
* ( 21 )Bundesarchiv-Militärarchiv
Freiburg, Baustands Bericht Projekt F Wa Pee v/2 vom 25.11.1942
* ( 13 )
Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg RH8/v 1959
* ( 17 ) Häftlingsberichte
und Briefe von Wilhelm Müller, Archiv der KZ Gedenkstätte
Dachau 16.020 und
19.405
* ( 19 )
Christa Tholander – „ Fremdarbeiter 1939 bis 1945
„siehe Quellenangabe 1432 auf Seite 533
* ( 16 )
Wilhelm Müller „ Meine Verfolgungszeit 1933-1945 , Archiv der KZ Gedenkstätte Dachau
3.978
* ( 15 )
Quelle nur auf Anfrage !( Internet )
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Kliebenschedel.
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